Religiöses Tun

Den persönlichen Glauben entwickeln

Schon Kinder machen die Erfahrung, dass die Welt mehr ist als das, was sie sehen, spüren oder angreifen können. Vor allem die Frage, was die Welt ist und wie sie funktioniert, beschäftigt Kinder in besonderer Weise. Denn sie sind ja gerade dabei, diese Welt für sich zu entdecken, sich zu erobern. Dabei kommen sie zu Fragen, die ganz tief ihre eigene Identität berühren: Wer bin ich? Woher komme ich? Wohin gehe ich? Was macht das alles für einen Sinn? Warum ist die Welt so und nicht anders? Kinder sind auf der Suche nach dem, was hinter den Dingen steckt.

Das Religiöse ist eine dem Menschen grundgelegte Daseinsweise, die Zeit braucht, Raum, Anregungen und die Auseinandersetzung mit anderen Menschen, um sich weiterzuentwickeln. In der Jungschar wollen wir daher nicht so sehr von religiöser Erziehung sprechen als vielmehr davon, den Kindern einen Lebensraum zur Verfügung zu stellen, in dem sie ihre religiöse Dimension gut entfalten können.

Mut für Fragen

Es sind Fragen, bei denen wir selbst gefragt sind: Fragen nach dem Leben, nach dem Tun der Menschen, nach Gutem und Bösem. Manche Antworten finden sich erst mit der Zeit, und es gibt Fragen, die unbeantwortbar bleiben. Zu wissen, dass man nicht alles weiß und Kindern dies auch eingesteht und sich mit ihnen auf eine Entdeckungsreise begibt, ist letztlich auch eine religiöse Erfahrung.

Kinder stellen bedeutsame Fragen oft unvermutet. Wichtig ist, keine Frage zu schnell und unbedacht zu beantworten oder sie sogar zu ignorieren. Besser auf ein zeitnahes Später verschieben.

Widersprüche und Spannungen zulassen

Das Wort "glauben" heißt in seiner Grundbedeutung "sich etwas lieb machen, sich etwas vertraut machen". Das hat mit Beziehung zu tun, mit Vertrauen, mit Zuwendung. Fälschlicherweise wird Glaube immer nur mit einem rationalen "für wahr halten" in Verbindung gebracht, oft auch mit einem widerspruchsfreien Annehmen irgendwelcher "Wahrheiten".

Unser christlicher Glaube wächst aus einem besonderen Beziehungswunsch: Gott will uns Menschen als Partner/innen. Das ist eine spannungsreiche, wechselhafte und keinesfalls widerspruchsfreie Angelegenheit. Einander näher zu kommen bedingt eine gründliche Auseinandersetzung. Eine tragfähige Beziehung lebt eben nicht nur von den Gemeinsamkeiten, sondern auch von den Unterschieden. Ein wichtiger Faktor in Glaubensfragen ist die Kritikfähigkeit. Kinder sollen ihre Gedanken frei äußern dürfen, egal mit welcher Autorität oder Nähe man ihnen gegenüber tritt.

Die Verantwortung trägt in jedem Fall die erwachsene Person. Auch große Nähe oder überschäumende Begeisterung kann verhindern, dass sich Kinder „etwas sagen trauen“. Eine kritische Auseinandersetzung gerade auch mit Fragen des Glaubens ist wichtig und schützt vor blindem Gehorsam.

Unterwegs, um miteinander Antworten zu finden

Unser christlicher Glaube gibt eine ganze Menge von Hilfen, den Kindern Antworten auf ihre religiösen Fragen zugänglich zu machen. Das setzt eine gute Kenntnis der eigenen Tradition, den Bräuchen und Weisheiten des Christentums voraus. Das Kennenlernen der Bibel und die Auseinandersetzung mit den Überlieferungen spielt dabei eine wichtige Rolle.

Den persönlichen Glauben zu entwickeln ist eine lebenslange Aufgabe. Veränderungen des Lebens beeinflussen unsere Fragen - und damit verschiebt sich auch das, was uns in unserem Glauben wichtig ist. Für die Kinder heißt das: Sie suchen die Antworten auf jene Fragen, die ihnen jetzt bedeutsam sind. Antworten und Wahrheiten, die keinen Bezug zur kindlichen Lebensrealität haben, werden deshalb auch bedeutungslos bleiben.